Gleich lautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder zum Umfang der Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine; Befugnis zu beschränkter Hilfeleistung in Steuersachen nach § 4 Nummer 11 StBerG
vom 13. Februar 2023 (BStBl I S. 399)
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vom 13. Februar 2023 (BStBl I S. 399)
Die Befugnis der Lohnsteuerhilfevereine zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen ist in § 4 Nummer 11 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) geregelt.
Lohnsteuerhilfevereine sind Selbsthilfeeinrichtungen von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und daher nur zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen gegenüber ihren Mitgliedern befugt (§ 13 Absatz 1 StBerG). Sie bedürfen der Anerkennung durch die Aufsichtsbehörde, in deren Bezirk sie ihren Sitz haben (§ 13 Absatz 2 und § 15 StBerG).
Die beschränkte geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen darf nur unter den in § 4 Nummer 11 StBerG genannten Voraussetzungen erfolgen. Sie schließt die Vertretung vor den Finanzgerichten ein, erstreckt sich jedoch nicht auf die Vertretung vor dem Bundesfinanzhof. Im Zusammenhang mit einer im Rahmen der Befugnis des § 4 Nummer 11 StBerG erbrachten Hilfeleistung in Steuersachen ist auch eine Annexberatung in nichtsteuerlichen Rechtsgebieten als Nebenleistung i. S. d. § 5 Absatz 1 des Gesetzes über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (Rechtsdienstleistungsgesetz - RDG) zulässig.
Soweit Lohnsteuerhilfevereine den Rahmen ihrer Befugnisse überschreiten, verstoßen sie gegen das Verbot der unbefugten Hilfeleistung in Steuersachen (§ 5 Absatz 1 Satz 2 StBerG).
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Sofern die den Einkünften zugrundeliegenden Einnahmen des Mitglieds des Lohnsteuerhilfevereins nach § 3 Nummer 12, 26, 26a, 26b oder 72 EStG in voller Höhe steuerfrei sind, ist der Lohnsteuerhilfeverein befugt, das Mitglied zu beraten, auch wenn es sich um Gewinneinkunftsarten handelt und gegebenenfalls umsatzsteuerpflichtige Umsätze vorliegen. Die Beratungsbefugnis des Lohnsteuerhilfevereins besteht in allen Fällen nur für die Hilfeleistungen bei der Einkommensteuer und ihren Zuschlagsteuern.
Die originäre Befugnis zur Hilfeleistung bei der Einkommensteuer wird in diesem Zusammenhang nicht ausgedehnt, da in den oben genannten Fällen kein Gewinn oder Verlust zu ermitteln und in der Einkommensteuererklärung anzugeben ist.
Die Beratungsbefugnis der Lohnsteuerhilfevereine in Zusammenhang mit steuerfreien Einnahmen nach § 3 Nummer 72 EStG gilt erst für Einnahmen, die nach dem 31. Dezember 2021, also ab dem Veranlagungszeitraum 2022, erzielt werden.
Lohnsteuerhilfevereine sind nicht befugt, eine Umsatzsteuer-Voranmeldung oder eine Umsatzsteuererklärung zu erstellen. Sofern ein Mitglied des Lohnsteuerhilfevereins eine nach § 3 Nummer 72 EStG begünstigte Photovoltaikanlage betreibt, ist es für die Befugnis des Lohnsteuerhilfevereins für die Einkommensteuer unschädlich, wenn dieses Mitglied selbst für diese Photovoltaikanlage eine Umsatzsteuer-Voranmeldung und/oder eine Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr erstellt oder eine zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugte Person oder Gesellschaft hierfür beauftragt. Da im Rahmen der Einkommensteuererklärung keine Einkünfte im Zusammenhang mit der Photovoltaikanlage zu erklären sind, können insoweit keine Wechselwirkungen entstehen.
In Feststellungsverfahren i. S. d. §§ 179 ff. AO hinsichtlich Gewinneinkünften sind Lohnsteuerhilfevereine nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Der Lohnsteuerhilfeverein darf die Gewinneinkünfte auch nicht ungeprüft in die Einkommensteuererklärung übernehmen (§ 4 Nummer 11 Satz 1 Buchstabe b StBerG).
Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Überschusseinkünften und mit ihnen im Zusammenhang stehenden anderen Besteuerungsgrundlagen, der steuererheblichen Sachumstände nach § 180 Absatz 5 AO sowie des Abzugsbetrags nach § 10e EStG ist die Hilfeleistung in Steuersachen nur zulässig, wenn alle Beteiligten Mitglieder des die Hilfe leistenden Lohnsteuerhilfevereins sind und jeder Beteiligte die Voraussetzungen des § 4 Nummer 11 Satz 1 StBerG erfüllt (vgl. Abschnitt V, Beispiele 9 und 10). Ist dies nicht der Fall, ist die Befugnis des Lohnsteuerhilfevereins zur Hilfeleistung im Feststellungsverfahren gegenüber sämtlichen Beteiligten ausgeschlossen. Der Lohnsteuerhilfeverein darf jedoch den gesondert und einheitlich festgestellten Überschuss bzw. Abzugsbetrag der Beteiligten, gegenüber denen die Hilfeleistung (außerhalb des Feststellungsverfahrens) zulässig ist, nachrichtlich in deren Einkommensteuererklärung übernehmen.
In Feststellungsverfahren i. S. d. §§ 179 ff. AO hinsichtlich der Bemessungsgrundlagen für die Eigenheimzulage nach dem Eigenheimzulagengesetz ist ein Lohnsteuerhilfeverein zur Hilfeleistung in Steuersachen nur dann befugt, wenn alle Anspruchsberechtigten Mitglieder dieses Lohnsteuerhilfevereins sind und jeder Anspruchsberechtigte die Voraussetzungen des § 4 Nummer 11 Satz 1 StBerG erfüllt. Ist dies nicht der Fall, darf der Lohnsteuerhilfeverein lediglich den gesondert und einheitlich festgestellten Betrag der Anspruchsberechtigten, gegenüber denen die Hilfeleistung (außerhalb des Feststellungsverfahrens) zulässig ist, nachrichtlich in deren Eigenheimzulageantrag übernehmen.
Liegen die Voraussetzungen des § 4 Nummer 11 Satz 1 StBerG vor, so umfasst die Befugnis zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen auch die Übernahme des verbleibenden Verlustabzugs nach § 10d EStG, selbst wenn er aus den in § 4 Nummer 11 Satz 1 Buchstabe b StBerG genannten Einkünften resultiert (vgl. Abschnitt V, Beispiel 7). Gleiches gilt für die Befugnis zur Hilfeleistung bei der Verteilung des Verlustabzugs.
Beispiel 1:
Ein Arbeitnehmer hat im Kalenderjahr Arbeitslohn bezogen. Daneben hat er für eine schriftstellerische Tätigkeit ein Honorar von 300 Euro (ohne Umsatzsteuer) erhalten.
Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein ist gegenüber diesem Arbeitnehmer ungeachtet der Höhe der Einkünfte aus selbständiger Arbeit insgesamt nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt. Der Lohnsteuerhilfeverein darf diese und andere Gewinneinkünfte (z. B. gewerbliche Einkünfte als atypisch stiller Gesellschafter) auch nicht ungeprüft in die Einkommensteuererklärung übernehmen (§ 4 Nummer 11 Satz 1 Buchstabe b StBerG).
Beispiel 2
Ein Arbeitnehmer hat im Kalenderjahr Arbeitslohn bezogen. Außerdem hat er auf dem Dach seines Einfamilienhauses eine Photovoltaikanlage errichten lassen. Die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage beträgt nach dem Marktstammdatenregister nicht mehr als 30 kW.
Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein darf tätig werden. Die Einnahmen und Entnahmen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage sind nach § 3 Nummer 72 EStG steuerfrei. Es ist kein Gewinn oder Verlust zu ermitteln und in der Einkommensteuererklärung einzutragen. Es ist unschädlich, wenn der Arbeitnehmer selbst eine Umsatzsteuer-Voranmeldung und/oder eine Umsatzsteuererklärung für das Kalenderjahr erstellt oder eine zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugte Person oder Gesellschaft hierfür beauftragt.
Beispiel 3:
Ein Arbeitnehmer hat im Kalenderjahr Arbeitslohn bezogen. Außerdem ist er als ehrenamtlicher Betreuer tätig und erhält hierfür eine Aufwandspauschale (§ 1878 des Bürgerlichen Gesetzbuchs).
Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein darf tätig werden, wenn die Aufwandspauschale nicht den Freibetrag von 3 000 Euro übersteigt (§ 3 Nummer 26b EStG).
Beispiel 4:
Ein Arbeitnehmer beschäftigt eine Hausangestellte, die für ihre Tätigkeit einen Bruttoarbeitslohn von monatlich 400 Euro erhält. Die Hausangestellte wird mit Reinigungsarbeiten und der Beaufsichtigung der Kinder beauftragt. Der Arbeitnehmer bittet den Lohnsteuerhilfeverein, ihm bei der Lohnsteuer-Anmeldung zu helfen.
Stellungnahme: Die Arbeitgeberaufgaben stehen im Zusammenhang mit einem haushaltsnahen Beschäftigungsverhältnis i. S. d. § 35a Absatz 1 EStG und mit Kinderbetreuungskosten i. S. von § 10 Absatz 1 Nummer 5 EStG. Der Lohnsteuerhilfeverein ist deshalb befugt, dem Mitglied Hilfe bei der Lohnsteuer-Anmeldung für die Hausangestellte zu leisten.
Beispiel 5:
Ein Arbeitnehmer lässt in die von ihm vermietete Wohnung von einem in den Niederlanden ansässigen Unternehmer neue Fenster einbauen. Der Arbeitnehmer bittet seinen Lohnsteuerhilfeverein, ihm bei der Umsatzsteuer-Voranmeldung zu helfen.
Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein darf nicht tätig werden. Die Befugnis zur Hilfeleistung erstreckt sich nur auf die Einkommensteuer und ihre Zuschlagsteuern, nicht jedoch auf die Umsatzsteuer.
Beispiel 6:
Ein Arbeitnehmer, der drei Eigentumswohnungen geerbt hat, lässt diese zum Zwecke späterer Vermietung für 18 000 Euro renovieren (Erhaltungsaufwendungen). Der Leistende legt keine Freistellungsbescheinigung nach § 48b EStG vor. Der Arbeitnehmer bittet den Lohnsteuerhilfeverein, ihm bei der Anmeldung des einzubehaltenden Steuerabzugs zu helfen.
Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein darf nicht tätig werden. Die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen erstreckt sich nur auf die Einkommensteuer des jeweiligen Mitglieds. Die Vornahme des Steuerabzugs und die Abführung des Abzugsbetrags erfolgen hingegen für Rechnung des Leistenden.
Beispiel 7:
Die Eheleute beziehen beide Arbeitslöhne. Aus einer früheren Tätigkeit aus Gewerbebetrieb haben sie einen verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d EStG, der gesondert festgestellt wurde.
Stellungnahme: Der vom Finanzamt gesondert festgestellte Verlustvortrag darf in die Einkommensteuererklärung übernommen werden, obwohl er aus Einkünften aus Gewerbebetrieb resultiert.
Beispiel 8:
Die Eheleute sind beide Arbeitnehmer und Mitglieder des Lohnsteuerhilfevereins. Neben ihrem Arbeitslohn haben sie im Kalenderjahr Zinseinnahmen von je 1 500 Euro bezogen. Außerdem sind sie Eigentümer eines Mietwohngrundstücks, das ihnen je zur Hälfte gehört. Die hieraus erwirtschafteten Mieteinnahmen betragen insgesamt 35 000 Euro. Gewinneinkünfte wurden nicht erzielt.
Stellungnahme: Der Lohnsteuerhilfeverein ist insgesamt nicht zur Hilfeleistung in Steuersachen befugt, da die Einnahmen aus dem Mietwohngrundstück (35 000 Euro) zusammen mit den Einnahmen aus Kapitalvermögen (2 x 1 500 Euro ohne Berücksichtigung der Freibeträge nach § 20 Absatz 9 EStG) die Betragsgrenze des § 4 Nummer 11 Satz 1 Buchstabe c StBerG (36 000 Euro) übersteigen. Sofern die Einkünfte aus Kapitalvermögen allerdings nach § 32d Absatz 1 EStG besteuert werden (Abgeltungsteuer) und im Veranlagungsverfahren weder zu erklären sind noch auf Grund eines Antrags des Steuerpflichtigen erklärt werden (§ 32d Absatz 3 bis 6 EStG), sind die Einnahmen aus Kapitalvermögen bei der Prüfung der Betragsgrenze des § 4 Nummer 11 Satz 1 Buchstabe c StBerG nicht einzubeziehen. In diesem Fall wäre im vorliegenden Beispiel die Betragsgrenze nicht überschritten.
Beispiel 9:
Wie Beispiel 8, jedoch sind die Arbeitnehmer nicht verheiratet und die Einnahmen aus dem Mietwohngrundstück betragen 5 000 Euro.
Stellungnahme: Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind gesondert und einheitlich festzustellen (§ 180 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a AO). Der Lohnsteuerhilfeverein ist zur Hilfeleistung bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Vermietungseinkünfte und der Erstellung der Einkommensteuererklärungen befugt, da alle Beteiligten Mitglieder des Lohnsteuerhilfevereins sind, jeder Beteiligte die Voraussetzungen des § 4 Nummer 11 Satz 1 StBerG erfüllt und die Betragsgrenze des § 4 Nummer 11 Satz 1 Buchstabe c StBerG nicht überschritten wird.
Beispiel 10:
Wie Beispiel 9, jedoch sind die Arbeitnehmer Mitglieder unterschiedlicher Lohnsteuerhilfevereine.
Stellungnahme: Die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung sind gesondert und einheitlich festzustellen (§ 180 Absatz 1 Nummer 2 Buchstabe a AO). Der Lohnsteuerhilfeverein ist nicht zur Hilfeleistung bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Vermietungseinkünfte befugt, da die Beteiligten Mitglieder verschiedener Lohnsteuerhilfevereine sind.
Der Lohnsteuerhilfeverein darf jedoch den gesondert und einheitlich festgestellten Überschuss seines Mitglieds, gegenüber dem die Hilfeleistung zulässig ist, nachrichtlich in dessen Einkommensteuererklärung übernehmen, da die anteiligen Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung (2 500 Euro) und die Einnahmen aus Kapitalvermögen (1 500 Euro) die Betragsgrenze des § 4 Nummer 11 Satz 1 Buchstabe c StBerG i. H. v. 18 000 Euro nicht übersteigen.
Diese Erlasse treten mit Veröffentlichung im Bundessteuerblatt Teil I an die Stelle der Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder vom 15. November 2021 (BStBl I S. 2325).
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